Lieber Dr. Sommer…

Manchmal fühle ich mich ja wie der Dr. Sommer der Heimwerkerei, erreichen mich doch regelmäßig Mails mit Fragen rund ums Bauen und Renovieren. Ich appeliere ja immer, die Fragen gern hier im Blog in den Kommentaren zu stellen, dann haben alle was davon. Aber hin und wieder picke ich mir mal ein Thema heraus und stelle es hier ausführlicher vor, heute mal die Innendämmung.

In letzter Zeit kamen tatsächlich viele Fragen zur Innendämmung. Schließlich ist dieses Vorgehen zunächst einfacher als die Außendämmung. Der geneigte Heimwerker kann besser innen ein Ständerwerk an die Wand schrauben, das kann man ja fast vom Sofa aus machen, als draußen per Gerüst herumzuturnen und Dämmplatten zu verkleben, die er dann beim nächsten Sturm wieder zwischen Nachbars Gartenzwergen zusammensammeln darf.

Meine generelle Meinung zum Thema Dämmung habe ich ja unter anderem hier bereits kundgetan. Hinsichtlich der Fassadendämmung rate ich in der Regel eher davon ab. Wenn man nicht gerade Wände aus Wellblech hat, sondern beispielsweise eine doppelt gemauerte Wand mit Luftschicht dazwischen, ist die Einsparung durch eine Dämmung nicht groß genug, um wirklich als lohnenswert bezeichnet werden zu können. Und mit jeder Dämmung verändere ich auch das bauphysikalische Gleichgewicht und muss erstmal schauen, was dann passiert, und das am Besten im Vorfeld.

Eine Innendämmung kann Sinn machen, wenn man beispielsweise einen bisherigen Nutztrakt mit dünnen Wänden (Stall, Garage, Scheune etc.) zur Wohnfläche umbauen möchte (Siehe das Stallausbau-Projekt: hier). Eine bereits fertige Wohnung komplett von innen zu dämmen ist allerdings zweifelhaft, u.a. weil jede vorhandene Innenwand, die mit der Außenwand verbunden ist, eine Kältebrücke abgibt.

Bevor man sich für eine Innendämmung entscheidet, sollte man die Komponenten mal in den hier schon öfter von mir gezeigten U-Wert-Rechner (Link) einhacken.

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Beispielaufbau im U-Wert-Rechner

Im Beispiel habe ich mal den Aufbau der Innendämmung aus dem Stallausbau hier im Blog eingegeben. Innen geht es mit Streichrauhfaser Gipskarton los, dann eine Dampfbremse mit entsprechender Verklebung und OSB-Platte, wobei einer OSB-Platte mit verklebten Fugen auch die Eigenschaften einer Dampfbremse zugesprochen werden kann. Dahinter dann der Isolierstoff und schließlich das Mauerwerk. Wie die Feuchtigkeitskurve zeigt, ist der kritische Punkt die Innenseite des Mauerwerks. Wenn Luftfeuchtigkeit an die 100% geht, kommt es an der Stelle zu Tauwasser und, wenn dieses nicht abgeleitet wird oder trocknen kann, zu möglicher Schimmelbildung. Hier mal als Beispiel mit einem Vollklinker als Außenwand:

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Beispiel mit Vollklinker

Die Außenwände sind in der Regel natürlich nicht aus Vollklinker, aber hier sieht man gut, dass die Kurve die 100% erreicht und so Tauwasser entstehen kann.

Generell ist es immer ratsam, von Innen nach Außen diffusionsoffener zu werden. Hier mal als Beispiel:

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Falscher Aufbau: Nach Außen diffusionsoffener werden!

Hier habe ich mal die OSB-Platte nach Außen gesetzt und darauf eine PE-Folie geplant. Spätestens an der diffusionsdichten Folie bildet sich ruck-zuck Tauwasser.

Und wie sieht es energetisch aus? Das Beispiel mit 100mm Minerwalwolle WLG (=Wärmeleitgruppe) 035 ergibt einen U-Wert von 0,29 W/m². Der U-Wert gibt an, wie viel Wärme durch die Bauteile nach Außen abgegeben wird. Je kleiner der Wert, desto besser die Dämmwirkung. 100mm Dämmplatte nach außen (WLG035) ergibt den selben Wert:

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Außendämmung

Hier wird man in der Regel dickere und „bessere“ Dämmplatten benutzen, was wiederum bei der Innendämmung irgendwann zu Platzproblemen führt.

Was ist das Fazit?

Eine Innendämmung ist nur zu empfehlen, wenn die Wände energetisch wirklich schlecht sind und es idealerweise keine vorhandenen Zwischenwände (Stichwort Kältebrücke) gibt sondern diese erst nachträglich gebaut werden (z.B. Trockenbauweise an der Innendämmung montiert). Von Innen nach Außen muss man diffusionsoffener werden, und der geplante Aufbau sollte beispielsweise mit dem U-Wert-Rechner vorher durchgeplant werden.

Übrigens: Immer wieder beliebt ist es ja, die Außenwände einzelner Zimmer, die zweifelhaft sind (Mauerwerksausblühungen, Schimmel usw.) einfach mal zu verkleiden und von Innen per Ständerwerkswand (Vorsatzschale) zu dämmen. Das klingt nicht nur nach Pfusch, sondern ist es im Zweifel auch, kann doch kein Mensch mehr sehen, was die Wand da hinter der Dämmung macht. Besser ist es da, die Wand zu sanieren und dem eigentlichen Problem auf den Grund zu gehen.

Und generell gilt: Im Zweifel einen Experten fragen. Oder mal im Bau-Forum. Oder eben: Dr. Sommer!

Planung ist alles…

…und je mehr man vorher plant, desto weniger muss man vor Ort herumprobieren.

So habe ich meinen „Dachaufbau“ unter anderem mit dem großartigen Online-Tool U-Wert-Rechner gemacht. Der U-Wert oder Wärmedurchgangskoeffizient ist das Maß für den Wärmestrom, z.B. von Luft durch ein Bauteil. Je geringer der U-Wert, desto  besser die Isoliereigenschaften.  So hat beispielsweise ein Einfachglas einen U-Wert von über 5, moderne Dreifachverglasung kommt auf 0,8.

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Dachaufbau im U-Wert-Rechner

Wie das Bild vom U-Wert-Rechner zeigt, liege ich mit meiner geplanten Dämmung etwa bei den Anforderungen der enEv 07. Ob das wirklich so ist, wird sich zeigen, aber es gibt erstmal ein gutes Gefühl 🙂 Weiterhin gibt das Tool noch praktische bauphysikalische Hinweise wie Feuchtigkeits. und Temparaturverläufe.

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Sparren-Aufdoppelung

Währenddessen geht es nicht nur theoretisch, sondern auch praktisch weiter. Da die Isolation von 160mm nicht zwischen die Sparren passt, müssen diese „aufgedoppelt“ werden. Ich habe mir dazu vom Holzhändler Latten 38/78 mm besorgt, die nun mit langen Schrauben an den Sparren angebracht werden. Dadurch erreiche ich eine Sparrentiefe von etwa 210 mm. Da passt dann alles rein: 30mm Konterlattung und Hinterlüftungsebene, 22mm DWD-Platte, 160mm Isolation.