Hello Kitty

Immer diese Entscheidungen! Das kaputte Kellerfenster gegen ein neues ersetzen oder nur die Scheibe tauschen? Die Entscheidung ging dann doch relativ schnell. Alle Kellerfenster sind rote Holzfenster, und eines soll nun so ein steriles Kunststoffimitat werden? Außerdem sind die alten nicht ganz dicht, also jedenfalls nicht zu hundert Prozent. Und ein gewisser Luftaustausch hat alten, ja nie ganz trockenen Kellern noch nicht geschadet. Also bin ich mal unter die Behelfsglaser gegangen.

Das Glas habe ich mir zuschneiden lassen, das macht der örtliche Glaser, einfaches Fensterglas in 4mm. Um historisch korrekt zu arbeiten, habe ich es mit Fensterkitt eingefasst und eben nicht mit Silikon oder anderer Mumpe hantiert. Bauschaum, werte Bauschaumfreunde, ist auch hier, ähnlich wie bei Abwasser- Elektro- und Häkelarbeiten, keine Option.

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vorher
Zur Kitterei gibt es ganz tolle Werkzeuge, da ich aber nicht vorhabe, das regelmäßig zu machen, habe ich meinen Stechbeitelsatz genutzt, beispielsweise um die alten Fensterreste und den Kitt zu entfernen. Der dürfte da wohl schon so 90 Jahre drin gewesen sein. Steinhart, hält bestens und weitestgehend rissfrei. Das hätte Silikon wohl nach der Zeit nicht mitgemacht.

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Entfernen des alten Kittes und der Glasreste

Ist der Kitt rundherum abgetragen, wird die Falz gesäubert, ich habe zudem das Ganze angeschliffen, denn das Fenster erhält bei der Gelegenheit ein neues Farbkleid.

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Fenster schleifen

Die Tropfkante, oben im Bild, war ziemlich angegriffen, da ist eine Erneuerung schon sinnvoll. Das Fenster ist halt an der Seite, und man macht ja doch immer nur nach vorne alles schön. Vorne hui, hinten pfui! Wird Zeit, dass sich das ändert!

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Falz-Schliff um letzte Kittreste zu entfernen

Die Falz und die kleinen Ecken habe ich mit der Bosch Primo geschliffen. So konnten letzte Kittreste abgetragen werden. Danach nun einmal die Scheibe einlegen (Handschuhe!) um zu schauen, ob sie passt oder ob man wat-bei-wechflexen muss.

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Kitt!

Das ist nun der Kitt! Was ist überhaupt Kitt? In der Fernsehserie Knight Rider Kitt gibt es als Dichtungsmittel schon seit 1700irgendwas, er besteht aus Kreide und Leinöl, wird aber heutzutage eigentlich nur noch für historische Arbeiten, Ausbesserungen, Reparaturen oder eben klassisches Einsetzen von Einfachglas in Holzrahmen verwendet.

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Kittbett für die Falz

Wichtig ist, dass der Kitt auch auf der späteren Innenseite ist, die Scheibe also in einem Kittbett liegt. Hierzu habe ich kleine Würste geformt (Kitt vorher sehr gut durchkneten!) und sie auf dem Scheibenrand verteilt. Man kann sie alledings auch direkt in die Fensteralz legen. Dann wird die Scheibe eingesetzt:

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Glas im Kittbett

Wenn Lücken auftreten, kann man noch etwas Kitt von außen nachstopfen. Nun wird das Ganze gedreht und der überschüssige Kitt per Stechbeitel (oder Kittmesser) abgetragen:

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Überschüssiger Kitt wird abgetragen

Das Fenster wird dann gedreht und man widmet sich der Außenseite. Hier habe ich die Scheibe mit ein paar Nägelchen fixiert. Da soll es ja richtige Glasernägel geben; also eine mehrfach perforierte Stange, so dass man von außen hämmern kann? Die Frau von der Glaserfirma wusste nix davon, ich werde bei Gelegenheit mal den Nagelspezi Bierbach fragen. Ich habe mich dann mit kleinen Nägeln beholfen, und habe zärtlich mit einem Stechbeitel dazwischen geklöppelt. Die Scheibe hat auch überlebt!

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ting-ting-ting

Das wäre ja auch eine grauenhafte Vorstellung; da schmiert man stundenlang mit dem Kitt rum und durch eine unachtsame Bewegung zerspringt alles in tausend Teile. Ist aber zum Glück nicht passiert.

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Glas, genagelt.

Nun formt man etwas dickere Würste und drückt sie kräftig in die Kante zwischen Glas und Rahmen. Mit einem Kittmesser (oder in meinem Fall Stechbeitel) wird es dann schräg hübsch abgezogen. Wenn der Kitt dabei bröselt, ist er nicht genug durchgeknetet. Das Abziehen erfordert etwas Übung, aber für mein erstes mal ist es gar nicht mal so gut geworden.

Naja, es ist okay:

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…nachher!

So, und nun dachte ich, ich kann das Fenster direkt wieder einsetzen: Pustekuchen! Um Kitt überstreichen zu können, muss man mehrere Jahre Wochen warten. Mit traditioneller Leinölfarbe nach einer Woche, mit Kunstharzlack kann es schonmal 4-6 Wochen dauern. Aber vielleicht setze ich den Flügel schonmal ein, wenn der Kitt einigermaßen hart ist, und nehme ihn dann zum Streichen nochmal raus. Nach ein, zwei Tagen hat sich übrigens an der Konsistenz noch nicht viel geändert; Kitt trocknet tatsächlich recht langsam.

Als nächstes steht dann noch ein weiteres Kellerfenster an, dass bereits seit dem Hauskauf ein Löchlein hatte. Mal sehen, ob ich meine Kitt-Skilss noch weiter ausbauen kann. Und wenn das Zeug nach sechs Wochen immer noch nicht trocken ist, kratz ich alles wieder raus und nehme doch Bauschaum. Der ist nämlich nach zehn Minuten trocken! So! Und wenn da erstmal Farbe drauf ist, sieht das doch kein Mensch mehr…

 

 

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