Die Horrorwohnung, Teil II

Willkommen zum zweiten Teil der Horrorwohnung, in der er so viel Pfusch gab, dass hier tatsächlich zwei Teile nötig sind. Dabei habe ich das Ungemach zu Umzugsbeginn noch gar nicht erwähnt, vielen Dank Herrn B. für das freundliche Erinnerungskommentar!

Wir haben vorher in Hannover gewohnt, und in Innenstädten ist es bekanntlich oftmals schwierig, Parkraum für große Umzugsfahrzeuge zu ergattern. Und da ich stets versuche, alles möglichst perfekt und umfangreich zu organisieren und vorzubereiten, habe ich bei der Stadt Hannover einen Halteverbotsbewilligungsantrag gestellt. Dazu verbringt man einen halben Tag beim Bürgeramt und mietet sich dann ein Rudel sperriger Straßenschilder, um die Parkplätze vor dem Haus für den gewünschten Tag abzusperren. Das alles kostet also viel Zeit, Geld und Nerven.

Umso erstaunlicher dann das Ergebnis der Absperraktion: Die Wirkung ist tatsächlich völlig verpufft. Als ich am Umzugsmorgen mit einem 7.5to-LKW anrollte, waren von den fünf(?) gesperrten Parkplätzen noch etwa vier beparkt. Zwei Halter konnten wir ausfindig machen, die anderen beiden wurden mit Polizei, Abschleppwagen und viel Trara abgeschleppt. Das dauerte allerdings mehrere Stunden und so habe ich den LKW auf der gegenüberliegenden Straßenseite im Halteverbot geparkt, und als der eigentliche Bereich dann irgendwann geräumt war, war der Umzug auch fertig. Man hätte sich die ganze Aktion also auch sparen können. Immerhin haben wir als Abschiedsgruß eine kaputte Scheibe hinterlassen, in der eine Sofaecke gelandet ist.

Die Ankunft bei der definitiv nicht bezugsfähigen neuen Wohnung habe ich ja letzte Woche schon geschildert. Nachdem alle Möbel in einem Zimmer verstaut waren und ein harter Kern von Helfern die Tapeten des ersten Zimmers abgelöst hatten und darunter die ostwestfälische Schimmelparade zum Vorschein kam, sind wir abends als Übergangsunterkunft zu meinen Eltern gefahren und haben dort ein provisorisches Lager aufgeschlagen. Dort kam dann der Entschluss: Lieber ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende. Ich habe einen Aufhebungsvertrag aufgesetzt und zur Untermauerung sämtliche Pfuschstellen der Bude fotografisch dokumentiert:

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Der Boden

Da wäre zunächst mal der Dielenboden. Alle Zimmer sind mit Holzdielen belegt. In zwei Zimmern wurden diese auch geölt, bei den anderen Zimmern hatte man dann wohl keine Lust mehr. Die Folge ist, dass die ungeölten Dielen den Schmutz wie ein Magnet anziehen und gerade bei einem Umzug innerhalb weniger Minuten eine veritable Laufstraße in zeitlosem dunkelgrau entstanden ist. Oben im Bild ist zu sehen, dass die grandios eingebaute Tür über den Boden schleift und hier schon der erste Quadratmeter tiefe Furchen hat.

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Küche

Dieses Bild muss man etwas auf sich wirken lassen. Geübte Leser machen bitte mit beim Pfuschsuchen! Auf die Plätze, fertig, los! Auf die Tapete gefliest! Mischung von GKB und GKI (grüner Gipskarton war wohl alle?)! Bisschen knapp die Schrauben! Auf die Tapete geputzt oder gegipst! Wer findet mehr?

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Heizungsrohrverkleidung

Besonders liebevoll gemacht ist diese Heizungsrohrverkleidung mit einem davorgeklöppelten Brett aus dem Baumarkt, ich glaub da war sogar noch der Preis dran.

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Fensterlaibung

Das Thema Schimmel lauerte allerorten: Hier eine obere Fensterlaibung…

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…dann diese Wand…

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…und diese noch…

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…in den Ecken natürlich auch…

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…oder auch hier nochmal großflächig.

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Malerfertig?

Hier nochmal ein Kapitel zum Thema malerfertig: Haken, Nägel, Dübel und abgeplatzter Putz, reichlich Risse in der Decke – das würde ich nur dann als malerfertig interpretieren, wenn der Maler auch den gesamten Untergrund renovieren soll. Auf jeden Fall nicht geeignet um da mal eben Tapete draufzuklatschen; und erst recht nicht geeignet und mal eben direkt einzuziehen.

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Exemplarisch für so Vieles: Die Sockelleiste

Das obere Bild treibt mir heute noch die Wut ins Gesicht. Es ist exemplarisch für die geballte Dilletanz und Gleichgültigkeit dieser sogenannten Renovierung. Die Türzarge ist einfach zu kurz für die Sockelleiste, die wächst auch nicht mehr. Die Sockelleiste ist der billigste Kiefernschrott aus dem Baumarkt, die unbehandelt an die Wand gepeppt wurde. SOGAR DAS VERDAMMTE PREISSCHILD IST NOCH DRAUF!!! Die Sägestelle ist gesplittert, na schön, Details. Im Übergang in der Tür wurde der Schrottboden mit einer schlecht zurechtgepinselten OSB-Platte abgedeckt. OSB geht ja immer. GrrrrrrRRR!

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Die andere Seite

Hier die andere Seite. Da ist die Fußleiste dann auch gespalten. Türzarge erwartungsgemäß auch hier zu kurz. Das Acrylgeschmiere auf die alte Tapete! Sprich, sobald man die ab macht, kommt einem die Acrylfuge (und wahrscheinlich auch die Fußleiste) wieder entgegen. Herzlichen Glückwunsch.

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Steckdosen

Achja, die Steckdosen sahen alle so aus: Zwei rundherum irgendwie mit Gips zugschmierte Löcher, in die die Dose wohl nicht ganz rein passt, egal, bisschen stopfen, geht schon. Oben bleiben dann ein paar schöne Luftlöcher.

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Heizungsrohrverkleidung

Hier sehen wir nun noch ein Exemplar der Heizungsrohrverkleidung. Wie man sieht, ist entweder der formschöne Kasten oder der Boden schief. Vielleicht auch beides. („Ja, das ist nunmal im Altbau….“) . Egal, ist halt ein Spalt drunter. Achja, unter der Sockelleiste auch! Sieht Bombe aus.

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Heizkörperverkleidung

Besonders liebevoll ist diese Heizkörperverkleidung geraten. Da hatte wirklich jemand so gar keine Lust mehr.

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Außentreppe

Hier zu sehen ist die Treppe vom Wohnzimmer in den Garten. Ja, wirklich.

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Außentreppe

Okay, die obere Tritthöhe passt nicht so ganz.

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Garten

Dafür betritt an über die Treppe allerdings dieses kleine Paradies.

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Dämmung!

Hier wird gedämmt. Irgendwie fehlen die Laibungen? Ach egal, schmieren wir so zu. Was ist schon eine kleine Kältebrücke unter Freunden?

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Verteilerdose

Das Bild habe ich letzte Woche schon gezeigt, aber es ist einfach zu schön.

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Übergang

Hier sieht man nicht nur den Unterschied zwischen den geölten und unbehandelten Dielen; auch die liebevoll ausgewählte und exakt passend geschnittene Übergangsleiste spricht für sich.

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Sockelleiste

Hier sieht man noch nicht mal den Versuch eine Gehrung. Dafür ist das Preisschild wieder da.

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Steckdose

Hier nochmal das Steckdosenmodell „halb drin“…

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Tapete

Hier wurde allen Ernstes auf einer Strukturtapete (die danach schreit, entfernt zu werden) mit Zementmörtel irgendwelche Stellen ausgebessert. Wie viele Lagen Farbe soll man da drauf streichen, damit man das nicht mehr sieht?

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Kabelverlegung

Besonders schön ist diese Kabelverlegung: In der Zimmerecke wurde ein Stromkabel auf der Tapete mit zwei Kilo Acryl festgeschmiert.

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Kabelverlegung II

Auch nicht besser: Dieses Kabel wurde einfach ums Heizungsrohr gewickelt.

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Waschbecken

Hier zu sehen ist das formschöne Waschbecken, leider viel zu niedrig angebracht. Dafür wäre das mit dem unbehandelten Kiefer-Rauhspund am Fußboden bestimmt ganz toll geworden.

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Spricht für sich…

Auf dem mikroskopisch kleinen Gästeklo wurde die Fensterbank dem Spülkasten präzise und formschön angepasst.

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Eckventil versteckt sich

Hier sieht an das Eckventil für den Spülkasten, unzugänglich versteckt in der Holzverkleidung. Ach, deshalb konnte man das auch nicht abdrehen und den Kasten umsetzen, man kommt ja nicht dran! Da hätte ich bestimmt auch die Fensterbank abgeschnitten.

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Anpassungen

Und was des Meisters Hand nicht ziert, wird gern mit Acryl verschmiert.

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Hmmmm…

Was ist das eigentlich? Hier war mal ein Oberlicht von der Haustür. Aber ist ja so viel schöner.

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Kratzer die Zweite

Auch bei dieser Tür wird der Boden stark in Mitleidenschaft gezogen. Merkt man das nicht, wenn man die einbaut? Generell gilt die Frage bei allen hier gezeigten Dingen: MERKT MAN DAS NICHT, WENN MAN DAS EINBAUT?

Mit einem Aufhebungsvertrag und all diesen Bildern unterm Arm marschierten wir, in Begleitung unseres Freundes Herrn B., seines Zeichens Winkeladvokat studierter Jurist und Zeuge, zu Herrn E., der nach einigem Winden und protestieren („So ist das nunmal im Altbau!“) den Aufhebungsvertrag unterschrieb. Wir fanden dann relativ schnell eine andere Wohnung, in der wir dann mehrere Jahre ohne Pfusch, Schimmel und Fußleistenpreisschilder lebten, bevor wir uns dann ins Abenteuer Eigenheim stürzten. Aber davon habe ich ja hier schon reichlich berichtet.

Die Horrorwohnung wurde dann nach unserer Flucht zu Ende „renoviert“, ich nehme an auch einmal tapeziert und gestrichen, damit der Schimmel erstmal abgedeckt ist. Auch die Außenfassade ist nun fertig und soweit ich weiß war die Bude dann auch zügig vermietet. Also dann, schließen wir das Kapitel mal ab. Vielleicht lesen das ja irgendwann mal die Nachmieter 😉

Die Horrorwohnung, Teil I

Bei Aufräumen meiner Festplatte letzte Woche bin ich wieder auf einen Ordner mit Bildern gestoßen, die ich lange vergessen (oder verdrängt?) habe und die einem tatsächlich das Grauen der Rücken hochkriechen lassen. Je handwerkserfahrener man mit den Jahren wird, desto gruseliger die Bilder. Doch von Anfang an.

Es begab sich vor mittlerweile elf Jahren Anno 2006, wir waren ein frisch vermähltes und noch kinderloses Paar und ich überredete meine Frau, ihres Zeichens im Herzen Großstadtkind, zu einem Umzug von Hannover in die vermeintliche Provinz einer Kleinstadt. Bei der Wohnungssuche gab speziell ich mir größte Mühe, um der Liebsten schließlich ein heimeliges Nest zu bereiten und den Start in der neuen Umgebung möglichst angenehm und reibungslos werden zu lassen. Daraus wurde natürlich nichts.

Nachdem wir einige Wohnungen angeschaut hatten, fiel die Wahl auf eine vier-Zimmer-Wohnung in innenstadtnaher (und „verkehrsgünstiger“) Lage. Der Vermieter, nennen wir ihn mal Herrn E., kauft alte Häuser, renoviert diese dann mit viel Selbsteinsatz und vermietet danach die Wohnungen. So auch hier: Scheinbar traumhaft, ein altes Haus wird nach unseren Vorstellungen renoviert und dann von uns frisch bezogen. Wir durften uns sogar die Badewanne aussuchen (eine Eckbadewanne, wirklich? Cool!) und hatten vollstes Vertrauen, dass die Renovierung in den versprochenen acht Wochen erfolgen würde und organisierten zum Umzugstermin einen LKW und viele fleißige Helfer.

Während der Renovierungsphase habe ich ab und zu die Baustelle besucht; allerdings war die Baustelle erst nach einigen Wochen eine Baustelle, denn etwa die Hälfte der Zeit verstrich, ohne dass dort etwas nennenswertes passiert wäre. Herr E. hatte eben mehrere Projekte und war zeitlich entsprechend eingebunden. Aber bis zum Umzugstermin wäre alles malerfertig, das wäre ja gar kein Problem. Lediglich der Außenbereich (hier wurde eine Dämmung angebracht) könnte noch ein paar Wochen länger dauern.

Je näher der Umzugstermin rückte, desto mehr Versprechungen lösten sich auf. Fliesen im Bad? Ja, die haben Sie sich gewünscht. Aber Holzboden ist doch auch ganz schön. Badewanne, ja, müssen wir mal sehen. Neue Fliesen in der Küche? Hmm, ja, wir gucken mal.

Hätte ich damals schon den heutigen handwerksgeschärften Blick gehabt, hätte ich die Notbremse wohl schon viel früher gezogen. Ich war allerdings guter Dinge, dass Herr E. schon wisse, was er tut und zum Einzugstermin alles fertig sein würde.

Als wir dann mit voll beladenem LKW und etwa zehn oder zwanzig helfenden Freunden ankamen, erläuterte mir Herr E. zunächst die Definition des Begriffes malerfertig: Das würde bedeuten, dass die Wohnung so weit fertig gestellt ist, dass ein Maler mit seiner Arbeit anfangen könne. Für mich bedeutete malerfertig bis dahin, dass ein Maler die Wohnung fertig gestellt hat. Tatsächlich hatte Herr E. nicht ganz unrecht, malerfertig heißt, eben fertig zum bemalen. Dies beinhaltet allerdings auch eine glatte, neutrale Oberfläche und keine Alttapeten mit Haken und Nägeln. Doch dazu später.

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malerfertig?

Wie auch immer der Begriff in dem Moment zu deuten war, hat Herr E. uns ja auf jeden Fall ziemlich auflaufen lassen, war ihm doch bekannt, dass wir am Umzugstermin mit sämtlichen Möbeln und Helfern anrücken würden. Aber wo soll man einen LKW voller Möbel und Kartons hinpacken, wenn die Wohnung noch gestrichen werden muss? Während die Gattin dem Nervenzusammenbruch nahe war, behielten einige engagierte Freunde und ich einen gesunden Zwangsoptimismus: Aller Möbel in einen Raum stapeln, zum Baumarkt fahren und mit „alle Mann“ streichen.

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malerfertig? Auch hier… alte Tapete und dann Gips drübergeschmiert

Mal-eben-streichen erwies sich aber als nicht so einfach. Die alten Tapeten waren entweder in schlechtem Zustand oder so grauselig gemustert, dass man diese zunächst entfernen musste. Mit einem harten Kern von Leuten waren wir dann bis in die Abendstunden dabei, die Tapeten des ersten Zimmers zu entfernen. Darunter zum Vorschein kam eine ausgeprägte Schimmelkultur:

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Oha!

Wir stellten daraufhin die Arbeit erstmal ein. Eine Freundin meinte „Das einzig gute an dieser Wohnung ist der Schnitt“-das fasst es gut zusammen. Wir haben dann abends überlegt, die Notbremse zu ziehen. Am nächsten Tag habe ich sämtliche Unzulänglichkeiten und un-fass-bares Gepfusche in der Bude per Foto dokumentiert.

Und jetzt gibt es den dannwollenwirmal-Cliffhanger: Den gesamten Baupfusch als bunte Fotostrecke, die restlichen Streitereien und wie wir aus der ganzen Katastrophe wieder rausgekommen sind lesen Sie – nächste Woche! 🙂