Szenen aus dem Leben, Folge 1.

In den Rollen:
Mario, ambitionierter Heim- und Handwerker, Schrauber, Stemmer, Nagler und Wisser. Beruflich Lagerist.
Felicitas, seine Freundin, beruflich macht sie Leuten die Nägel
Werner, Felicitas Vater und damit Marios Schwiegervater in spe
Ingrid, Felicitas Mutter und damit die Frau von Werner und damit Marios Schwiegermutter in spe

Zum Zeitpunkt der Begebenheit sind Mario und Felicitas knapp drei Wochen zusammen. Sie haben sich während dieser Zeit nicht allzu oft gesehen, weil Mario meistens „anne Karre schrauben muss“. Allerdings ist heute der große Tag: Felicitas möchte Ihren Eltern den neuen Freund vorstellen. Diese sind entsprechend aufgeregt. Ingrid hat den ganzen Tag lang die Wohnung sauber gemacht und eine leckere Kürbis-Ingwer-Quiche gezaubert. 19:15 Uhr, es klingelt.

Werner öffnet die Tür, Ingrid dahinter. Felicitas kommt herein und man drückt sich.

I: Wo hast Du denn Deinen Freund gelassen?
F: Der muss noch kurz mit dem Motor was schauen. Das Auto ist unterwegs ständig ausgegangen. Fand ich jetzt auf der Autobahn nicht so witzig. Hängt ihren Mantel auf.
M: (von draußen) VERDAMMTE DRECKSHURE!
Man hört einen Tritt gegen die Autotür. Werner und Ingrid schauen sich vielsagend an.
Nach einer Weile kommt Mario zur Haustür herein und reicht Werner seine ölige Hand.
M: Tach! Alter Schwede! Das Ding geht mir aber auch derartigaufnsack, Junge Junge, lief letzte Woche noch wie ne eins! Achja, da is jetz bisken Öl inne Einfahrt, nix für ungut.
W: Ja, äääh, freut mich, ich bin übrigens…Werner! Freut mich, ähh, sie kennenzulernen.
I: Und ich bin die Ingrid, Hallo!
M: Jau.
Mario sieht sich kritisch im Flur um. Sein Blick bleibt auf einer leicht lockeren Fußleiste hängen.
M: auuuh, dat würd ich aber neu machen!
Er fasst die Fußleiste am Ende an und zieht das etwa drei Meter lange Teil komplett von der Wand ab. Staub rieselt auf den Flur. Das letzte Ende bricht ab.
M: Da steicht Feuchtichkeit auf! Habta dat nich jedämmt?
M. Kniet, betastet hektisch die Wand und löst etwas Tapete ab, um mit der flachen Hand dahinter nach Feuchtigkeit zu suchen.
W: Was zum….
F: (lächelnd)Wollen wir nicht erstmal reingehen? Mami, kann ich Dir in der Küche helfen? Die Männer könnten sich doch solange im Wohnzimmer unterhalten?
M: (wirft die Fußleiste wieder in die Ecke) zu Werner: Jau, hä, die Weiber erstma inne Küche, wa! Wie hier, kennze den: Wat macht ne Frau in Wohnzimmer? Da wa die Kette vonne Küche zu lang! Hähä! Oder so ähnlich! Hähä! Schlägt Werner kräftig auf den Rücken, worauf dieser zu husten anfängt.
W: Kommen Sie doch rein! Sie haben wohl Ahnung von diesen handwerklichen Dingen, was, hihi.
M: Na, bissken hier bissken da. Ham ja letzte Woche dat Haus komplett aufn Kopp gestellt ne. Bitumen auffe Kellerwand geklatscht,  hier richtich mit Dickschicht allet dat volle Programm, Perimeter dranjeschmiert, komplett zurecht und allet du Junge Junge weisse-aba-watte-getan-hass. Junge Junge. Und selbst? (Kratzt sich ungeniert zwischen den Beinen)
W: Naja, wir lassen das meistens alles, sowas alles, machen. Also, eine Glühbirne mal wechseln, das mache ich natürlich auch selber. Dafür rufe ich nun keinen Elektriker an, hihi. Aber sonst…also ich habe da eher zwei linke Hände. Aber ich bewundere ja…
M: Ja, hasse davon, guck hier hammse aba gepfuscht! Lecko mio!
Mario hat an der Fensterdichtung ein herausschauendes Stück entdeckt und zieht am Gummi. Ähnlich wie bei einem Wollpullover, den man an einem Faden aufribbelt, zieht er jetzt die komplette Dichtung aus dem Fenster. Den Füllstoff knüllt er zusammen und wirft ihn verächtlich in die Ecke.
M: Kannze direkt morgen anrufen, NEU (wird ausgesprochen wie NOOOI). Nich diskuiteren, schönen Gruß, NEU.
I: So ihr lieben, zu Tisch zu Tisch! Das Essen ist fertig!
M: Ich muss ers nochma ein‘ abseiln.
Ingrid und Werner schauen ihn fragend an.
M: Die Kobra ausführen! Ne Stange Lehm aussen Rücken drücken! Ka- ken! Wo?
Mario wird die Toilette gezeigt. Die anderen setzen sich schonmal, nach einer Weile kommt M. dazu, wischt die Hände an der Hose ab und setzt sich hin.
M: Achja, watte ma! Ich happen guten Tropfen mitgebracht! Mögta Wein? Steht auf und holt den mitgebrachten Wein. Es ist ein weißes Tetrapack in schlichtem Design mit der Aufschrift „TAFEL-WEIN“
I: (gequält lächelnd) Ach, das ist aber nett…
F: Ein echter Gentleman!
M. reißt die Verschlusslasche aus dem Tetrapack und schüttet sich zunächst selbst das Glas randvoll. Dann schenkt er Ingrid ein. Durch das etwas zu starke Zusammendrücken des Tetra-Packs ergießt sich ein Strahl Rotwein über die ehemals blütenweiße Tischdecke. M. nimmt das kaum wahr.
I: Äääh, vielen Dank, dann hol ich mal das Essen…eilt in die Küche und holt die weiße Porzellanform mit der Kürbis-Ingwer-Quiche.
M: Wat is dattan? Bauschaum?
F: (faucht ihn an) Das ist eine leckere Quiche und es reicht jetzt mal!
M: Jau, passt schon. Mahlzeit. Er grabscht nach der Form und tut sich selbst einen sehr üppigen Haufen Quiche auf den Teller. Für die anderen bleibt ein eher überschauberer Rest. Plötzich erstarrt er.
M: Halt mal! Moment! Seid mal alle ruich! Pschhhhht!
I: Ja, was….
M: Schnauze!
Er lauscht gebannt.  Die anderen drei schauen sich verstört an.
M: Ahhh, wusst ichs doch! Kein Wunder dassa euch anne Heizung dumm und dämlich bezahlt! Der Heizkörper muss entlüftet wern! Hasse n Entlüftungsschlüssel?
F: Müssen wir das denn jetzt unbedingt…
W: Einen WAS?
M: Zamma her, ach, kannich ja wohl auch mitte Hand abdrehn. Bloßen Pott brauchenwa.
M. greift sich Ingrids Rotweinglas und kippt den Inhalt in die nächste Zimmerpflanze. Er hält das Glas unter die Entlüftungsschraube des Heizkörpers und macht sich daran zu schaffen. Unter Zuhilfenahme des Silbermessers vom Essbesteck bekommt er die Schraube gelöst, allerdings soweit, dass sie abfällt und sich das Wasser des Heizkörpers schwallartig über das Parkett ergießt.
M: Ach du kacke! Diese scheiß billigen Heizkörper!
Er hält den Strahl mit der Hand zu, was aber nur zur Folge hat, dass das Wasser quer durch den Raum spritzt. Die anderen kriechen mittlerweile auf Knien auf dem nassen Boden herum und versuchen, die Verschlusskappe wiederzufinden.
M: (zu Werner, schreiend, weil das Heizkörperzischen immer lauter wird): Wat hasse denn da fünn Leitungsdruck drauf? Zwei Bar? Dat is zuviel!
W: (schreiend) Waaaaas?
Der Strom fällt aus, weil das Wasser eien Steckdose getroffen hat. Die Personen stehen, oder knien, im Dunkeln.
M: Sach bloß da sitz auch nochen FI vor! Oh Mannohmann! getz is der FI rausgeballert. Samma binnichhierimfalschenfilmoderwas! Junge Junge Junge! Ich kann doch auch nich alles machen hier!
Ingrid stößt sich geräuschvoll den Kopf am Tischbein. Die völlige Dunkelheit erhöht nicht unbedingt die Wahrscheinlichkeit, die Verschlusskappe zu finden.
Scooters „Maria Maria“ (döp-döp-döp-dödö-döp-döp-döp) ertönt als Handyton. Mario geht dran. Das Display bildet die einzige Lichtquelle in der Dunkelheit des Wohnzimmers. Das Wasser zischt immer noch aus dem Ventil.

M: JA? Jaa, Ömmes. Jau! Ich bin hier bei Dinngenz. Ja bissken mitte Heizung isn Problem. Aber kommt nich aufn Tach an. Wat hasse? Ja…..Ja….Rücklaufkrümmer…..ja, passauf ich komm güste rum.
M: (zu Werner) Passauf, ich muss los. Die Kappe da wieder draufprügeln oda sonst musse unten abdrehn. Schatz, ich fahr nach Ömmes! Kann später werden! Viel Spaß noch!
M. verlässt das Haus, startet nach mehreren Versuchen den Wagen und fährt, begleitet von ein paar knallenden Fehlzündungen, vom Hof.
W. rennt in den Keller und dreht panisch alles zu, was man zudrehen kann. Das Licht geht wieder an. Das Telefon piept. I. und F. lehnen sitzend und sichtlich erschöpft an der Wand. Ausblende.

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