Szenen aus dem Leben, Folge 3

In den Rollen:
Mario, ambitionierter Heim- und Handwerker, Schrauber, Stemmer, Nagler und Wisser. Beruflich Lagerist.
Felicitas, seine Freundin, abwesend
Werner, Felicitas Vater und damit Marios Schwiegervater in spe
Ingrid, Felicitas Mutter und damit die Frau von Werner und damit Marios Schwiegermutter in spe

Ingrid und Werner haben sich eine neue Küche gegönnt und diese bei einem schwedischen Möbelhaus ausgesucht. Der ambitionoierte Heimwerker und Schwiegersohn Mario riet ihnen vom Aufbauservice ab („Habta se noch alle?“) und hat liebenswürdigerweise angeboten, beim Aufbau der Küche zu helfen. Er ist püntklich am Freitag um vier da und klingelt.

M: „Tach!“
W: „Ja, hallo, schön dass Du…“
M: „Hol ma schon Werkzeuch aussen Hänger! Ich guck schonmal hier!“
Mario steht in der Küche, die Arme in die Seiten gestemmt und schüttelt mit dem Kopf.
M: „Erstma muss hier alles raus wa?“ – er setzt den Bohrhammer an der Bedienblende des Backofens an. Die ersten Drehknöpfe fliegen ab.
W: „Moment, die Elektrogeräte wollten wir ja behalten!“
M: „Achso!“ (wischt etwas über den Backofen und stemmt dann weiter in Richtung Besteckschublade) „Junge junge, ganz schön zäh dat alte Zeuch! Guckma hier wie fest dat alle sitzt! Zeichma dat Stemmeisen!“

Nach rund einer Stunde liegt die alte Küche in Schutt und Asche. Mitten im Chaos beginnt Mario dann, den ersten Schrank der neuen Küche auszupacken.

M: „So, nehm ich an dat müsste ja oben sein. Oder hier? Ich sach ja, der letzte Scheiß. AUA!“
W: „Soll ich irgendwie was … halten?“
M: „Ja, die Fresse! Ach hier, dat muss ja die Rückwand sein. Und den Scheiß braucht sowieso kein Mensch!“ Leert die Tüte mit Schrauben und Beschlägen auf dem Schutthaufen der alten Küche aus
W: „Die Schrauben gehören aber doch dazu!?“
M: „Dat is allet Schwedenschrott! Dat hält keine zwei Wochen! Dat machen wa vernünftig oder gar nich! Hier, den Schrank machen wa mit dicke Winkel. Und hier, Spax habbich mit. Den ballern wa richtig ordentlich zusammen. Da kannze nachher n Panzer dran aufhängen!“ Macht sich mit Akkuschrauber und langen, dicken, Holzschrauben am Schrank zu schaffen
W: „Und die Front wird von vorne durchgeschraubt? So hatten wir uns das eigentlich nicht vorgestellt..?“
M: „Ja sicha! Dat muss doch richtig halten! Grade da zieht man ja immer dran rum!“ Er schraubt weitere dicke Holzschrauben in unregelmäßigen Abständen von vorne durch die weiße Hochglanzfront. Beim Versenken der Schraubenköpfe platzt das Holz in Faserrichtung auf.
M: „Die Löcher machen wa nachher schön mit Silikon dicht! So, kommt der Schrank nu unten hin oder anne Wand?“

I: „Soooo, wollen die beiden Handwerksmeister denn mal ein Bier trinken?“
M: „Ja dachte schon fragsgarnichmehr! Prost!“ Hörbares Rülpsen „Der Schrank muss bestimmt hier hin, ah Mist, dann müssen wa den Abfluss umlegen.“
W: „Sicher? Wollen wir nicht erstmal auf die Planungszeichnung schauen? Im Möbelhaus haben die uns da ja auch beraten?!“
M: „Ja, schöne Stussköppe! Leitung muss hier raus klarer Fall. Haut ja nich hin! Wie viel spült ihr denn hier in dat Waschbecken?“
I: „Naja, von Zeit zu Zeit schon, so jeden Tag zwei drei mal…“
M: „Ja, weil wennze getz nich so oft spülst, brauchse annefürsich kein Abfluss. Son bissken Wasser kann immer gut untern Schrank versickern. Gut für’t Raumklima und tut keinen weh.“
W: „Naja, mir wäre da mit einem richtigen Abfluss schon wohler!“
M: „Dann musse all-les-aufreissen! Würd ich getz nich machen. Kannze ja immer noch! Also komm, Spülenschrank davor gestellt, hier unten machen wa nachher noch bissken Schaum dran.“

Plötzlich ertönt „Maria“ von Scooter. Es ist Marios‘ Handy.

M: „Ja? Ömmes, Moin. Ja bin hier grade beie Küche. Wat sachse, Antriebswelle in Arsch? Ja Ömmes guck ich vorbei. Komm ich rum, ne, is kein Thema.“ zu dem verdutzten Willi: „Pass auf, Ömmes hat wieder Probleme mitte Karre. Aber den Rest krisse hin hier, wa? Die Schränke da drüben musse noch anne Wand tackern. Abwasser, wie gesacht, würd ich gar nich groß anschließen. Stromleitung da hinten musste bissken ziehen, dann reicht dat vielleicht. Ja, hinten am Hahn dröppelt bissken wat raus, würd ich einfach Brunnenschaum nehmen. Und hier die Ecke, dat sieht schief aus, wird aber anne Wand liegen. Altbau ne? Is immer schief wie Gurke. Hier dat Fenster is bissken blind geworden eben vom flexen, müssta vielleicht mal neu machen. Genau wie der Boden hier, leider total verbrannt. Sieht ja nich mehr aus. Aber wollteta nich sowieso neu tapp’ziern? Da oben is egal, da komm ja die Schränke vor! Also, viel Spaß noch!“

Sprachs, setzte sich ins Auto und donnerte davon. Willi und Ingrid schauen ratlos auf eine Küche voller Schutt und einem halb zusammengewürfelten Schrank. Aus dem Eckventil in der Wand zischt ein dünner Wasserstrahl. Ein verbrannter Geruch liegt in der Luft. Das Radio spielt „Won’t forget these days“. Ausblende.

 

 

 

 

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